Donnerstag, 15. Dezember 2011

...

Auf einen alten Mann fallen fünf bis zehn Rekruten. Ein überraschender Gasangriff rafft viele weg. Sie sind nicht dazu gelangt, zu ahnen, was ihrer wartete. Einen Unterstand voll finden wir mit blauen Köpfen und schwarzen Lippen. In einem Trichter haben sie die Masken zu früh losgemacht; sie wußten nicht, daß sich das Gas auf dem Grunde am längsten hält; als sie andere ohne Maske oben sahen, rissen sie sie auch ab und schluckten noch genug, um sich die Lungen zu verbrennen. Ihr Zustand ist hoffnungslos, sie würgen sich mit Blutstürzen und Erstickungsanfällen zu Tode.
In einem Grabenstück sehe ich mich plötzlich Himmelstoß gegenüber. Wir ducken uns in demselben Unterstand. Atemlos liegt alles beieinander und wartet ab, bis der Vorstoß einsetzt.
Obschon ich sehr erregt bin, schießt mir beim Hinauslaufen doch noch der Gedanke durch den Kopf: Ich sehe Himmelstoß nicht mehr. Rasch springe ich in den Unterstand zurück und finde ihn, wie er in der Ecke liegt mit einem kleinen Streifschuß und den Verwundeten simuliert. Sein Gesicht ist wie verprügelt. Er hat einen Angstkoller, er ist ja auch noch neu hier. Aber es macht mich rasend, daß der junge Ersatz draußen ist und er hier.
»Raus!« fauche ich.
Er rührt sich nicht, die Lippen zittern, der Schnurrbart bebt.
»Raus!« wiederhole ich.
Er zieht die Beine an, drückt sich an die Wand und bleckt die Zähne wie ein Köter.
Ich fasse ihn am Arm und will ihn hochreißen. Er quäkt auf. Da gehen meine Nerven durch. Ich habe ihn am Hals, schüttele ihn wie einen Sack, daß der Kopf hin und her fliegt, und schreie ihm ins Gesicht: »Du Lump, willst du ‘raus — du Hund, du Schinder, du willst dich drücken?« Er verglast, ich schleudere seinen Kopf gegen die Wand — »Du Vieh« — ich trete ihm in die Rippen — »Du Schwein« — ich stoße ihn vorwärts mit dem Kopf voran hinaus.
Eine neue Welle von uns kommt gerade vorbei. Ein Leutnant ist dabei. Er sieht uns und ruft: »Vorwärts, vorwärts, anschließen, anschließen -!« Und was meine Prügel nicht vermocht haben, das wirkte dieses Wort. Himmelstoß hört den Vorgesetzten, sieht sich erwachend um und schließt sich an.
Ich folge und sehe ihn springen. Er ist wieder der schneidige Himmelstoß des Kasernenhofes, er hat sogar den Leutnant eingeholt und ist weit voraus. —
Trommelfeuer, Sperrfeuer, Gardinenfeuer, Minen, Gas, Tanks, Maschinengewehre, Handgranaten — Worte, Worte, aber sie umfassen das Grauen der Welt.
Unsere Gesichter sind verkrustet, unser Denken ist verwüstet, wir sind todmüde; — wenn der Angriff kommt, müssen manche mit den Fäusten geschlagen werden, damit sie erwachen und mitgehen; — die Augen sind entzündet, die Hände zerrissen, die Knie bluten, die Ellbogen sind zerschlagen.
Vergehen Wochen — Monate — Jahre? Es sind nur Tage. — Wir sehen die Zeit neben uns schwinden in den farblosen Gesichtern der Sterbenden, wir löffeln Nahrung in uns hinein, wir laufen, wir werfen, wir schießen, wir töten, wir liegen herum, wir sind schwach und stumpf, und nur das hält uns, daß noch Schwächere, noch Stumpfere, noch Hilflosere da sind, die mit aufgerissenen Augen uns ansehen als Götter, die manchmal dem Tode entrinnen können.
In den wenigen Stunden der Ruhe unterweisen wir sie. »Da, siehst du den Wackeltopp? Das ist eine Mine, die kommt! Bleib liegen, sie geht drüben hin. Wenn sie aber so geht, dann reiß aus! Man">http://my.opera.com/afreddebil/blog/2011/11/10/unterstutzung">Man kann vor ihr weglaufen

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ericbalagan - 15. Dez, 11:15

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